von Wolfgang Heyder (Hrsg.)
Asher Reich
Jerusalem und du
Durch Jerusalem wandern noch deine Wurzel
Und du bist wie eine lebendiger Baum.
Die Dämmerung Jerusalems: Harmonie
Des Abends in dem zwischen brennenden Farben wie
in Glas geschnitten sind dich Staunen ergriff.
Schon siehst du die Nacht nicht mehr schwarz.
Alle Wolken wird dein Haar aufscheuchen
Und deine Schritte steigen klingend
Und fünfzig Sterne laufen dir voran.
Ich weiß, seit deiner Rückkehr nach Jerusalem
Ist die Stadt wieder eins,
in ihr willst du Stein sein,
bauen und gebaut werden ihr
in diesen düsteren Zeit
Leseprobe:
… Ich blieb allein am Tisch zurück. Die Kerzen waren bereits völlig zusammengeschmolzen, die Enden der Dochte trieben obenauf wie schwarze Ameisen im flüssigen Wachs, und über ihnen flackerte die Flamme mit knackendem Geräusch. Schatten hüpften und sprangen an der Decke. Die Wände der Hütte waren an vielen Stellen mit Rissen versehen, und der Wind belagerte diese Risse und blies kalten Atem ein, scharf wie Messer. Ich war voller Furcht. Ich sprang auf und floh in mein Zimmer. Mutter stand neben der Shabbath-Lampe, deren gelbe Flamme mehr Schatten erzeugte als Licht spendete. Vater sprach sanft auf sie ein. Sie sprachen über ein Thema, über das in unserem Hause recht oft gesprochen wurde: Polen. Mutter nickte mit dem Kopf und schneuzte sich, mit einem lauten unangenehmen Geräusch. Danach rezitierte sie zwei Sätze, die seither in mir viele Tage lang Furcht erzeugt haben. Vielleicht war es durch das, was sie sagte, daß sich die Szene so tief in mein Herz eingegraben hat. …