Erzählungen

Spleen Berlin 1

von Wolfgang Heyder

„Er wusste aus langer Berufserfahrung, wie wichtig junge hübsche Mädchenleichen für das Zustandekommen spannender Stories sind. Demonstrativ zog er das Spleen-Barometer aus dem Diplomatenköfferchen. Ergebnis, wie erwartet: Das digitale Verstimmungsfrühwarnsystem schwieg. Spannungsbogen steigend, statistisch-imaginär hochgebogen steigend, statistisch-imaginär hochgerechnete Leserbeteiligung: circa 75%. Noch keine Abschaltquote. Nur die Situationskomik hätte etwas besser ausfallen können. Er würde sich Mühe geben müssen, die Diagonalleser bei der Stange zu halten.“

Leseprobe:

… Ich wollte zurück nach Berlin. Ich hatte Heimweh nach Havel und Spree und nach meinen Berlinern. Nachdem ich alliierten Truppen bei Waterloo, in der Schlacht von Belle Alliance, den kleinen Korsen endgültig besiegt hatten und in Paris einmarschiert waren, wurde ich unter lautem Jubel der preußischen Bevölkerung über Lüttich, Aachen, Düsseldorf, Elberfeld, Braunschweig und Potsdam mit Kränzen, Girlanden, Gedichten, mit Sinnsprüchen und Inschriften aller Art zum Willkommen geschmückt, unter Kanonendonner, Glockengeläut, behängt mit Tüchern und Flaggen, vom preußischen Volke auf dem ganzen langen Weg, ihrer neue gewonnenen Freiheit wegen, bejubelt und nach Berlin zurückgebracht…

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