Literatur

Diese Jahre Nahe Jerusalem

von Wolfgang Heyder (Hrsg.)

Asher Reich
Jerusalem und du
Durch Jerusalem wandern noch deine Wurzel
Und du bist wie eine lebendiger Baum.
Die Dämmerung Jerusalems: Harmonie
Des Abends in dem zwischen brennenden Farben wie
in Glas geschnitten sind dich Staunen ergriff.
Schon siehst du die Nacht nicht mehr schwarz.
Alle Wolken wird dein Haar aufscheuchen
Und deine Schritte steigen klingend
Und fünfzig Sterne laufen dir voran.
Ich weiß, seit deiner Rückkehr nach Jerusalem
Ist die Stadt wieder eins,
in ihr willst du Stein sein,
bauen und gebaut werden ihr
in diesen düsteren Zeit

Leseprobe:

… Ich blieb allein am Tisch zurück. Die Kerzen waren bereits völlig zusammengeschmolzen, die Enden der Dochte trieben obenauf wie schwarze Ameisen im flüssigen Wachs, und über ihnen flackerte die Flamme mit knackendem Geräusch. Schatten hüpften und sprangen an der Decke. Die Wände der Hütte waren an vielen Stellen mit Rissen versehen, und der Wind belagerte diese Risse und blies kalten Atem ein, scharf wie Messer. Ich war voller Furcht. Ich sprang auf und floh in mein Zimmer. Mutter stand neben der Shabbath-Lampe, deren gelbe Flamme mehr Schatten erzeugte als Licht spendete. Vater sprach sanft auf sie ein. Sie sprachen über ein Thema, über das in unserem Hause recht oft gesprochen wurde: Polen. Mutter nickte mit dem Kopf und schneuzte sich, mit einem lauten unangenehmen Geräusch. Danach rezitierte sie zwei Sätze, die seither in mir viele Tage lang Furcht erzeugt haben. Vielleicht war es durch das, was sie sagte, daß sich die Szene so tief in mein Herz eingegraben hat. …

Literatur

Die Spezialität des Hauses

von R. Friedlein, B. Richter

Quim Monzo: „Über die Schwierigkeit, in Katalonien auf katalanisch zu schreiben“

… Von welchen Schwierigkeiten ist die Rede? Von denen, auf die derjenige stoßen könnte, der sich entschließt, in Katalonien auf Katalanisch zu schreiben und dann sind Schreibwarenläden geschlossen und Kioske umringt von aggressiven Streikposten. Gewiss: Ohne Papier einerseits, und ohne Bleistift, Füllfederhalter, Kugelschreiber, Filzstift oder Rotring andererseits, ist es schwierig, in Katalonien auf Katalanisch zu schreiben. Aber es besteht die Wahrscheinlichkeit, dass man sich einen Vorrat an Papier, Heften, und Schreibgeräten angelegt hat – so wenig Vorsorge man auch sonst zu treffen pflegt – und diese in der Wohnung, in der Villa oder in dem Reihenhaus, wo man sich wohnt, zur unmittelbaren Benutzung bereitliegen. Auf diese Art und Weise wird die Schwierigkeit gelöst, dass die Schreibwarenläden geschlossen sind und man weder einen Fetzen Papier noch einen Kugelschreiber in der Tasche hat, eine Umstand, in dem (warum sollten wir uns etwas vormachen) es tatsächlich schwierig wäre, in Katalonien auf Katalanisch zu schreiben.

Leseprobe:

… Doch er wappnete sich mit Mut, und eines nachts, nach nervösen Zärtlichkeiten, nachdem er sie in starrer Haltung geliebt und alle Bewegungen ihres Gesichts verfolgt, die Intensität jedes Kusses erforscht und sich eher nachdenklich als auf sein Tun konzentriert fallengelassen hatte, stellte er abrupt die Frage. Die Antwort war noch befremdlicher als der Anlaß der Frage. Völliges Unwissen, Nichtbemerken, keinerlei Warhnehmung. Nun, nach so langer Selbstquälerei, Konstruktion von Vermutungen und Verdacht, Hingabe an Selbstmitleid und der Empfindung von Angst, war dort gar nichts geschehen. Erst fühlte er sich verletzt, dann töricht, und er durchschritt mit rasender Schnelligkeit nochmals die Stufen des Prozesses, der in seinem Kopf stattgefunden hatte, betrachtete die imposanten Proportionen des Konstrukts, befand sich selbst für nutzlos und lächerlich, drehte sich weg, stellte sich schlafend und haßte mit Inbrunst das Wesen, das ein wenig zu friedlich neben ihm ein- und ausatmete. …

Literatur

Wie die Spree in den Bosporus fließt

von Aras Ören, Peter Schneider

Sommer 1990. Berlin im Taumel der Wiedervereinigung.
Aras Ören, ein Istanbuler in Berlin, schreibt an Peter Schneider, der sich in dieser Zeit in Istanbul aufhält. Lyrische Essays in Briefform, die Peter Schneider zu Antworten provozieren. „Wie die Spree in den Bosporus fließt“ dokumentiert den Beginn eines Dialogs eines Dialogs zwischen den beiden Schriftstellern zu aktuellen existentiellen Fragen, zu Kulturen, Wertvorstellungen … Ein Dialog, der – so fragmentarisch wie er ist – zum Weiterdenken einlädt.

Leseprobe:

… Lieber Peter,
wie viel Kilo wiegt die Liebe? Oder: wie viel Zentimeter misst der Egoismus?
Weißt du gar wie viel Atü Hochmut hat?
Und Freiheit und Demokratie und die Grundrechte – wie viel Joules?

Klingt das abwegig? Oder führen uns nicht Positivismus und Rationalismus zu diesen Fragen? Wenn Maße absolut sind und wenn alles mit allem vergleichbar sein soll…

homepage, Literatur

Iznik-in-Progress Meisterwerke von Doris Bandera

Inanc Atilgan (Hg.)   Mit Vorworten von Ertuğrul Günay (Türkischer Kulturminister), Ayşe Sezgin (Türkische Botschafterin in Wien), Inanç Atilgan (Herausgeber) & Birol Kilic (Verleger).   79 Seiten, zahlreich bebildert, 33 Kunst-Abb., 7 historische Abb. Preis: 29,90 Euro Keramikkunst-Bildband Neuerscheinung im Neue Welt Verlag, September 2012

Die Iznik-Keramik ist eine alte anatolische Keramikkunst, deren ursprüngliche Quelle die türkische Keramikkunst außerhalb Anatoliens war, in der byzantinischen Zeit ihren Anfang nahm und im Osmanischen Reich zu einer eigenen Kunstform weiterentwickelt wurde. Die Produktion wurde wesentlich ausgeweitet, nachdem die Töpfereien in imperiale Fliesenwerke umgewandelt wurden, die große Mengen an Wandfliesen für osmanische Paläste, Moscheen und andere Monumentalgebäude herstellten, die die vier Ecken des Imperiums zierten. Auch Tintengefäße, Schalen, langschnabelige Krüge, Karaffen, Kelche, Öllampen, Vasen und Essgeschirr wurden durch Verfahren wie Hartglasur und Versilberung hergestellt.

Der neue Bildband zeigt nicht nur die überaus phantasievolle Schaffenskraft von Doris Bandera, sondern bringt auch in der Form einer Kurzbiographie ihres Großvaters August Loos, der für eine große Streichholzfabrik weite Waldfluren vermessen sollte, einen Abriss der interessanten wirtschaftlichen und wissenschaftlichen Beziehungsgeschichte Österreichs mit der Türkei. Zahlreiche Österreicher versuchten ihre Karriere in der Zwischenkriegszeit in der Türkei als Gastarbeiter zu vertiefen, die damals unter Kemal Atatürk als junge Republik nach dem Zusammenbruch des Osmanischen Reiches eine totale Weichenstellung zum westlichen Bildungs- und Kulturideal vornahm. Lehrer, Professoren, Ärzte und Ingenieure versuchten in Kleinasien ihr Glück.

Doris Bandera lebt heute in Wien und ist eine der wenigen Künstlerinnen, die souverän in ihrer Kunst, bei Ausstellungen und in Workshops zwischen den Kulturen vermittelt. Dabei greift sie nicht nur auf alte Tradition zurück, sondern führt diese auch in die Zukunft weiter zu neuen Gestaltungsformen und Interpretationen. Typische Kunstwerke sind glasierte asymmetrische Teller und Konfektdosen, mit Fliesen verzierte gusseiserne Wiener Basenabecken oder mit Ornamenten reich verzierte Wandspiegel. Dazu zählen ebenso Dekorschalen, Hängekästchen und mit Fischen, Basilisken, Doppeladlern, Segelschiffen, Phantasieflora und verspielter Fauna bemalte Fliesen. Alles in edelster Qualität von Meisterhand geschaffen. Doris Bandera ist sozusagen „der Tradition voraus“ und lässt den Zeitgeist verblüffend alt aussehen.

Weitere Beiträge widmen sich der Geschichte der Iznik-Kunst und der österreichischen Kunst- und Kulturlandschaft in der Türkei. Ein Interview des Herausgebers der Yeni Vatan Gazetesi mit der Künstlerin Doris Bandera rundet das farbenfrohe und sympathische Gesamtkunstwerk ab.

Der Band eignet sich ideal als Weihnachts- oder Geburtstagsgeschenk für Kunstliebende sowie Freunde der Keramikkunst und der Türkei. Er kann auch eine Anregung für den nächsten Türkei-Kultururlaub sein oder einfach eine entspannende Augenweide für ruhige Mußestunden am offenen Kamin bei einer Schale Kaffee. Dialog der Kulturen ist das Motto des Brückenbauers Neue Welt Verlag. Das Buch bietet eine Menge Gesprächsstoff, Information und Anregung für Künstler, Historiker, Kunstfreunde und Türkei-Touristen.

Iznik-in-Progress Meisterwerke von Doris Bandera

79 Seiten, zahlreich bebildert, 33 Kunst-Abb., 7 historische Abb.
Preis: 29,90 Euro

ISBN 978-3-9503061-3-2

Neue Welt Verlag
Bestellung:  office@neueweltverlag.at

Rückfragehinweis:
Neue Welt Verlag GesmbH
Dorotheergasse 6/24 A-1010 Wien

Mag. Deniz Sel
Tel: +43-1-513 76 15-0
Email: d.sel@neueweltverlag.at