Vorwort des Herausgebers und Verlegers Birol Kilic
Die Programmphilosophie des Neue Welt Verlags ist seit jeher von einem österreichischen Fokus geprägt. Gleichzeitig ist es unser Bestreben, über die Grenzen Wiens hinaus zu blicken. Unser besonderes Anliegen ist es, eine Verbindung zwischen Orient und Okzident, zwischen Menschen und Kulturen herzustellen und einen Beitrag zur Überwindung kultureller Barrieren zu leisten. Kurz: Wir wollen den Austausch zwischen unterschiedlichen geistigen und kulturellen Sphären fördern und dadurch ein besseres gegenseitiges Verständnis entwickeln, ganz im Sinne unseres Verlagsmottos „Friede in der Heimat und Friede in der Welt“, wie Atatürk es formulierte. Unsere Heimat ist Österreich. Wir sind davon überzeugt, dass inspirierende Vorbilder – seien es Menschen oder Institutionen – unabhängig von Land, Herkunft, Religion oder Sprache von großem Nutzen sein können. Wir sind ständig auf der Suche, uns inspirieren zu lassen und Neues zu lernen.
Es ist uns daher eine große Freude , unser neuestes Buch „Die Ritter Konstantins – Die Geschichte des Konstantinischen Ritterordens vom Heiligen Georg“ mit einem Vorwort von Erzherzog Simeon von Österreich präsentieren zu dürfen. Die wechselvolle Geschichte und die vielfältigen Herausforderungen des Konstantinischen Georgsordens, der sich zwischen dem christlichen Europa und dem Osmanischen Reich als ritterliche Gemeinschaft der Kirche etablierte, werden in diesem einzigartigen Buch eindrucksvoll nachgezeichnet. Die Edition war eine besondere Herausforderung. Sie ist das Ergebnis einer zehnjährigen Zusammenarbeit mit dem Autor Gregor Gatscher-Riedl, in die zahlreichen aktuellen Forschungsergebnisse eingeflossen sind. Die Recherchen erforderten ein hohes Maß an Geduld, Professionalität und Liebe zum Detail. Gatscher-Riedl hat sich dabei wissenschaftlich fundiert und kritisch mit allen Sagen, Legenden und Mythen auseinandergesetzt.
Das Jahr 312, der Wendepunkt
Der „älteste Orden der Christenheit“, die „Ritter Konstantins“, geht auf die Schlacht an der Milvischen Brücke im Jahre 312 zurück, in der Konstantin der Große unter dem Zeichen des Kreuzes („In Hoc Signo Vinces“) siegte und in der Folge nicht nur Alleinherrscher des römischen Westreiches wurde, sondern durch seine späteren Regierungsmaßnahmen auch den Grundstein für sein Kaisertum und die Ausbreitung des Christentums von Konstantinopel – dem heutigen Istanbul und der ersten christlichen Stadt der Welt – aus legte.
Mythos und Legende spiegeln das Selbstverständnis des Ritterordens wider, der nicht nur eine religiöse Gemeinschaft war, sondern durch seine Verbindungen zu den Dynastien der Farnese, der Bourbonen und der Habsburger, wie schriftliche Zeugnisse belegen, mit seinen positiven ethischen Regeln immer wieder eine Herausforderung für die europäische Politik darstellte.
Der Orden beanspruchte, in direkter Kontinuität zu den oströmischen Kaisern zu stehen. Es gibt jedoch Hinweise darauf, dass er nicht, wie oft angenommen, in Rom oder im heutigen Istanbul gegründet wurde, wie unser Autor in diesem Buch hervorragend darlegt. Ebenso wird deutlich, dass der Orden seinen Charakter als Rittergemeinschaft der Kirche bis heute bewahren konnte.
Wie der Konstantinische Georgsorden durch eine wechselvolle Geschichte im Spannungsfeld zwischen dem christlichen Europa und dem Osmanischen Reich seinen Charakter als ritterliche Gemeinschaft der Kirche bis heute bewahren konnte, zeigt dieses einzigartige Buch, das in unserem Hause, dem Verlag Neue Welt, bereits zum zweiten Mal in deutscher Sprache erschienen ist.
Kaiserkonferenz im niederösterreichischen Carnuntum im Jahr 308 n. Chr.
Anlässlich der Veröffentlichung unseres Buches im Oktober 2024 wollen wir auch auf den Jahrestag der Schlacht an der Milvischen Brücke am 28. Oktober 312 n. Chr. zurückblicken. Im Jahr 308 n. Chr. hatte Kaiser Diokletian eine historische Versammlung nach Carnuntum in Niederösterreich einberufen. Sie sollte für die Weltgeschichte von herausragender Bedeutung werden. Hier wurde die Herrschaft über das Römische Reich auf vier römische Kaiser aufgeteilt. Im Osten herrschten von nun an Galerius und Maximinus, im Westen Licinius und der damals junge Konstantin, der spätere Konstantin der Große, um den es in dieser Arbeit hauptsächlich geht. Die sogenannte „Kaiserkonferenz von Carnuntum“ in der Nähe des damaligen Vindobona (heute Wien) stellte in folgenreicher Weise die Weichen für die abendländische Geschichte, und zwar bis heute.
Wenig später errang Konstantin 312 n. Chr. an der Milvischen Brücke einen überwältigenden Sieg. Damit begann die als „konstantinische Wende“ bezeichnete historische Zäsur, die bereits ein Jahr später im epochalen Mailänder Edikt gipfelte. Dieses Dokument, das in seiner Bedeutung für die Geschichte des Christentums als bahnbrechend angesehen werden muss, ermöglichte den Christen wie allen Menschen die freie Religionswahl.
Die Zeit bis zu Konstantin dem Großen war für die Christen im Römischen Reich eine leidvolle Zeit. Sie hat in der heutigen Türkei eindrucksvolle Spuren hinterlassen. Nach dieser brutalen Christenverfolgung war das Mailänder Edikt ein wichtiger Meilenstein der Toleranz. Bereits das Toleranzedikt des Kaisers Galerius vom 30. April 311 in Nikomedia (heute Izmit/Türkei) erlaubte die Ausübung des Christentums. Im Jahr 325 wurde das erste ökumenische Konzil in Nizäa (heute: Iznik/Türkei) von Konstantin dem Großen als „Bischof der Bischöfe“ einberufen. Bemerkenswert ist, dass die ersten zehn Konzilien nach Konstantin dem Großen auf dem Gebiet der heutigen Türkei stattfanden, wo also die Grundlagen der christlichen Kultur gelegt wurden.
Schließlich erfolgte am 11. Mai 330 die Weihe der nach Konstantin benannten Metropole Konstantinopel, dem heutigen Istanbul, auf den antiken Fundamenten als Byzanz bezeichneten Ostroms (Römische Reich). In der Folge konnte sich das Christentum frei entfalten und wurde unter Kaiser Theodosius I. mit dem Dreikaiseredikt „Cunctos populus“ vom 28. Februar 380 zur Staatsreligion erklärt.
Die Auseinandersetzung mit dieser von Konstantin dem Großen eingeleiteten Wende ist für das Verständnis der religiösen, traditionellen und politischen Geschichte und Gegenwart des Abendlandes von großem Nutzen.
Die Bezeichnungen „Rum“ (Römer) und „Rumlar“ (die Römer) werden von den Türken – vor allem in Istanbul – für die griechischsprachigen Christen verwendet, die auch unter den assimilierten türkischen Christen leben. In meiner Kindheit in Istanbul war dies für mich im Stadtteil Istanbul Sisli eine Selbstverständlichkeit.
Friedlicher Schutz und Gastfreundschaft
Das christliche Ritterideal des Mittelalters entwickelte sich in der Auseinandersetzung mit dem Islam. Aus den kriegerischen Auseinandersetzungen auf der Iberischen Halbinsel ging der maurisch-islamische Reiter als Vorbild für die christliche Ritterrüstung hervor. Der friedliche Schutz und die Gastfreundschaft für fromme Pilger im Heiligen Land wurden zum Selbstverständnis, das bis heute fortwirkt.
Mit der arabischen Expansion im Nahen Osten erfuhren die seit der Zeit der Kreuzzüge verwurzelten Ordensgemeinschaften eine aktive Weiterentwicklung. Die weitere Ausdehnung des türkisch-osmanischen Reiches nach Europa kann als historische Grundvoraussetzung für die Entstehung des konstantinischen Georgsordens angesehen werden.
Die Fürstenfamilie Angeli und Sultan Mehmet II.
In einem späten Kapitel (“Die Großmeisterfamilie Angeli”) stellt unser geschätzter Autor fest: “Am Ende des 15. Jahrhunderts betraten die Vorfahren der späteren, in den Quellen fassbaren Großmeister italienischen Boden. Die Osmanen, die 1453 Konstantinopel eroberten und auf der Balkanhalbinsel nach Norden vordrangen, zwangen die italienischen Familien zur Flucht und damit zur Aufgabe ihrer Heimat. Ihre Bedeutung und ihr Anspruch existierten nur noch in der Fiktion, und die phantasievollen Geschichten, die sie als Vertriebene aus dem Dunstkreis des sagenhaften „Zweiten Roms“ erzählten, konnten von den Zeitgenossen nicht verifiziert werden, auch wenn sie durchaus einen exotischen Reiz besaßen.
Die Eroberungsfeldzüge des Sultans Mehmet II. (Fatih Sultan Mehmet) auf der Balkanhalbinsel und in Konstantinopel spielten nach Ansicht des Autors eine entscheidende Rolle in der europäischen Geschichte. Sie lenkten die Aufmerksamkeit auf die Fürstenfamilie Angeli, deren Mitglieder sich nach der Eroberung Albaniens als Emigranten in Venedig niederließen und dort hohe weltliche und geistliche Ämter bekleideten.
Achtung Balkan
Zweifellos ist der Balkan ein Ort, an dem sich große Ereignisse der Weltgeschichte abgespielt haben und wo Persönlichkeiten geboren wurden. Eine davon ist Konstantin der Große, der in Nis geboren wurde und aus einer illyrischen Familie stammte.
In der Türkei leben heute übrigens seit Generationen ca. 3 Millionen türkische StaatsbürgerInnen, die von AlbanerInnen abstammen, die ab dem 19. Jahrhundert aus verschiedenen Regionen, angefangen von Albanien, Mazedonien, Griechenland bis hin zum Kosova, wegen Unterdrückung oder Massakern aus ihren Häusern, ohne Hab und Gut aus dem Balkan gerissen, in die Türkei geflohen sind und hier eine neue Heimat gefunden haben. Sie sind nicht nur muslimische Sunniten, sondern muslimische Bektaschie Alevi und in allen Lebensbereichen erfolgreiche und vorbildliche Menschen in der Türkei. In Italien, Albanien, Griechenland und auch in Österreich habe ich mit Freude auch viele katholische und orthodoxe AlbanerInnen kennengelernt. AlbanerInnen mit Ehrenkodex Besa habe ich auch in einem Werk meiner Wenigkeit in dem Buch “Einspuch gegen Fake History” wieder über Neue Welt Verlag mit mehreren Seiten und Fakten erwähnt und als Freunde in sehr positiver Erinnerung. Egal zu welcher Religion die AlbanerInnen gehören.
Deshalb ist die unter dem Vorwand puritanisch die intolarante missionarische salafistisch-vahabitische Ideologie mit viel Geld und Ihre Assimilation der auf dem Balkan lebenden muslimischen AlbanerInnen bzw. MazedonierInnen aus Saudi-Arabien, angefangen von der Architektur bis hin zur Besetzung der bestehenden pluralen mulimischen Bektaschi-Ordenskloster bzw. anatolisch-sunnitischen anatolisch-sunnitischen anatolisch-sunnitischen Moscheen, die eher auf Ostrom, Hagia Sofia, christlicher Kultur basieren und mit der Glaubenspraxis der anatolisch-türkischen Muslime bzw. MazedonierInnen absolut nichts gemein haben, eine große Gefahr für die EU bzw. Europa im Allgemeinen und für Österreich im Besonderen. Es gibt eine Hand bzw. eine geopolitische Interessensgruppe, die diese puritanischen, intoleranten missionarischen salafistisch-vahabitischen Ideologien auf dem Balkan und in der EU bis hin zur Türkei unterstützt.
Die Auswirkungen dieser Ursachen aus dem Balkan seit 1980 mit steigender Tendenz sehen wir in Österreich in den letzten Jahren vor allem bei albanischstämmigen Jugendlichen, die mit den großen Herzen und toleranten Schultern der AlbanerInnen, egal ob katholisch, orthodox-christlich oder muslimisch, eigentlich nicht vereinbar sind.Hier hat Österreich mit seinen Erfahrungen aus dem Vielvölkerstaat der Habsburgerzeit eine enorme Verantwortung und mehr. Wir sollten nie vergessen, dass das Wort Balkan aus zwei Hauptwörtern besteht, die auch in der türkischen Sprache eine Bedeutung haben. Das Wort “Bal” bedeutet auf Deutsch “Honig” und “Kan” bedeutet auf Deutsch “Blut”. Aus der historischen Erfahrung heraus wollen wir eine honigreiche und friedliche Balkan-Geographie und nicht umgekehrt.
Ahdname: Das Freiheitsedikt für die Franziskanermönche von Sultan Mehmet II.
Nach dem Titel „Achtung Balkan“ wäre es vielleicht interessant, mehr über das „Freiheitsedikt“ zu erfahren, das Sultan Mehmet II. am 28. Mai 1463 nach der Eroberung Istanbuls persönlich unterzeichnete und das seit 561 Jahren in der Stadt Foča aufbewahrt wird. Es ist unter dem Namen „Ahdnama“ (Freiheitsedikt von Foča) bekannt. An dieser Stelle darf nicht vergessen werden, dass Sultan Mehmet II, der sechs Sprachen beherrschte, sich auch Konstantin den Großen als Kaiser zum Vorbild nahm und sich neben anderen Titeln auch “„Kayser-i Rûm““ (Kaiser von Rom) nannte und sich als letzten, aber interessanterweise muslimischen Kaiser des Römischen Reiches betrachtete.
Das römische Recht, das unter dem oströmischen Kaiser Justinian (reg. 527-565 n. Chr.) eingeführt wurde, geb. 482 in Nordmakedonien, gest. 565 in Istanbul) im Corpus iuris civilis gesammelte Reichsrecht, in dem Gewohnheitsrecht und Juristenrecht die Hauptrolle spielten, wurde auch zum Vorbild für Sultan Mehmet II. und nach ihm für Napoleon. Das Edikt wurde zunächst in der katholischen Franziskanerkirche in Fojnica aufbewahrt und bot den bosnischen Ordensbrüdern umfassenden Schutz.
Das Freiheitsedikt (Ferman) stellt einen Freibrief (Ahdnāme) des osmanischen Sultans Mehmed II. für die Franziskanermönche des Klosters Fojnica in Bosnien dar. Der österreichische Reiseschriftsteller Heinrich Renner weist in seiner Beschreibung „Durch Bosnien und die Herzegowina kreuz und quer“ Ende des 19. Jahrhunderts darauf hin, dass sich im Klosterarchiv die interessantesten bosnischen und türkischen Urkunden befinden, darunter auch die für die Katholiken in Bosnien sehr wichtige Ahdnama (Freiheitsurkunde) des Sultans Mahmud II.
Mit der Ahdnâme gewährte Mehmet II. den bosnischen Franziskanern während der Besetzung Bosniens das Recht auf freie Religionsausübung in Sicherheit, vielleicht auch nach dem Vorbild der Konstantinischen Größe. Die Kleinstadt Fojnica ist zugleich die gleichnamige Gemeinde in Bosnien und Herzegowina. Fojnica/Hvojnica war 1469 die größte Stadt in Bosnien.
Das Freiheitsedikt kann mit Fug und Recht als eines der ältesten jemals veröffentlichten Dokumente über die Ausübung der Religionsfreiheit bezeichnet werden, das den Franziskanern auch eine Reihe weiterer Rechte und Freiheiten einräumte.
Die Überlieferung nennt den 28. März 1563 als Datum der Übergabe des Dokuments an den Franziskaner Anđeo Zvizdović auf dem Feld von Milodraž. Aufgrund ihrer Form, ihres Inhalts und des persönlichen Eides hatte die „Ahdnama“ damals die Rechtskraft eines völkerrechtlichen Vertrages. Sie ist in Abschriften überliefert, wobei der Text von dem jugoslawischen Historiker und Orientalisten Hazım Šabanović im Jahre 1949 überliefert wurde. (Anmerkung: Ich verstehe den Satzteil über Šabanović nicht.) Es ist anzunehmen, dass auch für die Franziskaner von Srebrenica (srebreničkim franjevcima) eine Ahdnama aus dem Jahr 1462 existierte.
Es sei darauf hingewiesen, dass es sich um eine sinngemäße Originalübersetzung handelt, die von mir autorisiert wurde. Sie weicht in einigen Punkten von der im Internet verbreiteten Version ab, die zahlreiche Fehler und Auslassungen enthält.
Das Edikt wurde am 28. Mai 1463 für die Franziskanermönche des Klosters Fojnica erlassen: “Ich, Sultan Mehmet Khan, lasse alle einfachen und angesehenen Leute wissen, dass ich den bosnischen [franziskanischen] Geistlichen, die dieses Dekret des Sultans in Händen halten, große Gunst erwiesen und befohlen habe: Jede Behinderung oder Störung der Geistlichen oder ihrer Kirchen ist zu unterlassen und sie sind zu respektieren. Außerdem wird ihnen zugesichert, dass sie ohne Furcht im Land leben können. Auch für diejenigen, die auf der Flucht sind, wollen wir sichere Verhältnisse gewährleisten. Wir heißen sie herzlich willkommen und bieten ihnen Schutz und Sicherheit, damit sie ohne Angst in unserem Land leben und sich in ihren Kirchen niederlassen können. Ich möchte darauf hinweisen, dass ich, mein Großwesir (Anm.: vom Sultan eingesetzter Regierungschef und damit zweiter Mann im Staat), sowie die Vasallen, Diener, Untertanen und alle Bewohner meines Landes und überhaupt alle Angehörigen aller anderen Völker meines Landes verpflichtet sind, keinem der Genannten in irgendeiner Weise Schaden zuzufügen. Dies gilt auch für das Leben, den Besitz, die Kirchen und alle Menschen, die aus dem Ausland in mein Land kommen. Ich schwöre bei Gott, dem Schöpfer des Himmels und der Erde, beim Koran, bei unserem Propheten und bei den Propheten, die in den heiligen Schriften (Anm.: Thora, Bibel) erwähnt werden, und bei dem Schwert, das ich trage: Solange dieses Volk meinem Befehl gehorcht, soll niemand dem Wort widersprechen, das hier niedergeschrieben ist. So soll es verkündet werden.”
Gestern und heute
Gerade heute ist es besonders wichtig, dass wir uns gemeinsam der Entwicklung einer Kultur des Zusammenlebens und der gegenseitigen Toleranz in der freiheitlichen, pluralistischen, demokratischen und rechtsstaatlichen Republik Österreich mit ihrer natürlich heimischen Leitkultur widmen, die für uns Menschen selbstverständlich ist und täglich gelebt wird. Dabei kommt der Empathie, der Fähigkeit, Unterschiede zu verstehen und sich in andere hineinzuversetzen, eine besondere Bedeutung zu.
Sultan Mehmet II. hat es vor 561 Jahren verstanden, die Bedürfnisse des katholischen Klerus in Bosnien ohne Beschönigung zu erkennen und zu erfüllen. Konstantin der Große zu seiner Zeit ebenso. Das Freiheitsedikt von Sultan Mehmet II. war damals eine wesentliche Grundlage für die alteingesessene christliche Bevölkerung nach der osmanischen Eroberung ama Balkan und ist heute eigentlich auch Vorbild für viele mehrheitlich muslimisch geprägte Staaten.
So konnten nach 500 Jahren die Griechen, Serben, Ungarn, Kroaten und andere Völker auf dem Balkan ihre Sprache und Religion behalten, wenn man das ganze Glas unter dem türkischen osmanischen Reich betrachtet. 500 Jahre sind nicht wenig. Die Osmanen waren gegenüber den einheimischen Türkenvölkern ab dem 16. Jahrhundert weder de facto noch de jure so gnädig. Gerade in der heutigen Zeit, in der auch Christen in einigen Ländern verfolgt werden, ist dieses Edikt von Sultan Mehmet II. vor diesem Hintergrund ein historisches Dokument von großer Relevanz.
Die Legende vom „Konstantinischen Orden“ ist nicht nur mit dem oströmischen Kaisertum verbunden, sondern wurde auch von den türkisch-osmanischen Sultanen mit den Titeln „Türkischer, Asiatischer und Griechischer Kaiser“ fortgeführt.
1453 wurde Konstantinopel von den Osmanen erobert und in „Ebû‘l-Feth“ umbenannt, was „Vater der Eroberung“ bedeutet. Später wurde die Stadt auch „Kayser-i Rûm“ genannt, was „Römischer Kaiser“ bedeutet. In osmanischen Quellen wird er auch als „Herrscher, der eine Ära einleitete“ bezeichnet. Aus zeitgenössischen italienischen Quellen geht hervor, dass sich der Sultan nach der Eroberung Konstantinopels in der Nachfolge der oströmischen (byzantinischen) Kaiser sah.
Die Beziehungen zwischen Istanbul und Wien
Da ich in der Stadt geboren bin, in der Konstantin der Große seine Spuren hinterlassen hat, und diese Spuren im heutigen Istanbul täglich bewusst sehen und atmen kann, hat dieses Buch für mich einen besonderen Wert. Aufgrund meiner eigenen Biographie – ich bin in Sisli, Istanbul, dem alten Ostrom (Byzanz) aufgewachsen – freue ich mich, ein sachlich geschriebenes Manuskript über einen exklusiven konstantinischen Ritterorden gefunden zu haben, der stark in dieser Tradition verwurzelt war.
Immerhin wird der heilige Georg als Schutzpatron der Metropole am Bosporus und auch in vielen österreichischen Kirchen verehrt.
In der Geschichte des Ordens, die bis in die christliche Antike zurückreicht, finden sich wesentliche Stationen der Begegnung des christlichen Europas mit dem kleinasiatischen Raum. So genossen die Prinzessinnen des Oströmischen Reiches seit jeher hohem Ansehen bei den europäischen Herrscherfamilien. So verliebte sich der Babenberger Herzog Heinrich II. Jasomirgott während des Zweiten Kreuzzuges am Bosporus in die junge, dunkelhaarige Nichte des oströmischen Kaisers, Theodora Komnena. Die bevorstehende Hochzeit wurde an Weihnachten 1148 in der Hagia Sophia bekannt gegeben. Theodora soll ihren Mann davon überzeugt haben, Wien zu einer modernen Metropole auszubauen. Als nächstes wurde ein irisches Kloster mit Schule errichtet. Die Gruft der Schottenkirche ist heute die letzte Ruhestätte von Theodora und Heinrich Jasomirgott.
Im Jahr 1203, während des Vierten Kreuzzuges, kam eine weitere byzantinische Prinzessin, Theodora Angela, mit Herzog Leopold VI. nach Wien. Sie importierte den luxuriösen Lebensstil des Goldenen Horns.
St. Georg als Prophet Cercis oder Heiliger im Islam?
In der Türkei wird „mein Landsmann” der Heilige Georg, geboren in Kappadokien in der Türkei, „Aya Yorgi“ genannt, bei den muslimischen Völkern des Nahen Ostens ist er besser bekannt als „Cercis, Curcis oder Circis“ und wird als Prophet (Nebi) oder Heiliger verehrt.
Meine Großmutter Elif, eine muslimische Bektaschi-Alevitin aus Istanbul (1895-1990), die vier Sprachen beherrschte und sich sehr für religiöse und historische Legenden, Sagen und Geschichten interessierte, hatte in ihrem Haus in Istanbul ein Bild mit dem Drachen und dem heiligen Georg als Cercis hängen. Als ich klein war, erzählte sie mir immer wieder die Drachenlegende vom heiligen Georg und seinem Martyrium oder passte sie an andere Heilige an, aber immer ging es um den Kampf gegen den Drachen, manchmal mit nur einem Kopf, manchmal mit bis zu sieben Köpfen. So lernten wir die Legende in verschiedenen Versionen kennen.
Die Geschichten, die mir meine Großmutter von klein auf erzählte, stammten aus der muslimischen, christlichen und jüdischen Welt: Adam, Eva, Schlangengeschichten, Abraham, Isaak, Ismael, Josef, Jakob, David, Salomo, Jesus, Mutter Maria, Ali, Mohammed, Hüseyin.
Im Istanbul meiner Kindheit war es auch Brauch, jedes Jahr mit der Familie Ostereier zu kochen, sie zu bemalen und auf der Straße als Geschenke an die Kinder zu verteilen, die sie dann als Geschnek zurückbekamen. Meine Familie war eine alteingesessene alevitisch-bektaschitisch-muslimische Familie, die ein sehr gutes familiäres Verhältnis zu allen Menschen unterschiedlicher Religionen hatte. Das hat uns immer glücklich gemacht und bereichert, und niemand musste seine Religion wechseln, weil alle unsere moralischen Vorbilder waren. Alle legten großen Wert auf ethische Regeln und ihr Verhalten, ihre Einstellungen, ihre Taten und ihre Sprache folgten faktisch den Goldenen Regeln, vielleicht sogar unbewusst dem kategorischen Imperativ von Kant. Das vermisse ich heute vor allem in der Türkei, aber auch in Europa, weil wir als Gesellschaft immer vielfältiger werden und diese moralischen und ritterlichen Werte neben und für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte eigentlich noch wichtiger geworden sind.
„Lasst uns etwas Schönes bauen“ – Johann Wolfgang von Goethe
In einer pluralistischen, säkularen Gesellschaft versteht sich die vorliegende Geschichte des Konstantinordens auch als Beitrag zur aktuellen Diskussion um die „Konstantinische Idee“, zur Frage der Trennung von Staat und Religion sowie als Diskussionsimpuls für Religionsfreiheit, Moral, Ethik in der Gesellschaft und Toleranz.
Unser herzlicher Dank gilt Herrn Wolfgang J. Bandion, Kanzler der Königlichen Kommission für Österreich und Liechtenstein des Ritterordens vom Hl. Konstantin zu Heiligen Georgen, für seine Fürsorge und geistige Unterstützung während der Entstehung dieses Buches.
Schließlich möchten wir uns im Namen unseres Teams und der Freunde des Verlages bei unserem hochgeschätzten Autor, Herrn Gregor Gatscher-Riedl, für die freundschaftliche, ausgezeichnete und wertvolle Zusammenarbeit herzlich bedanken.
Johann Wolfgang von Goethe postulierte: “Auch aus Steinen, die einem in den Weg gelegt werden, kann man etwas Schönes bauen.”
Steine gibt es überall in unserem Leben. Vielleicht ist es möglich, sich zum Beispiel von den Steinen zu befreien, die uns in unserem kurzen Leben in den Weg gelegt wurden, die wir vielleicht heute noch als Kummer mit uns herumtragen, die unser Herz ermüden, traurig machen, aufregen und erdrücken, egal wo wir leben und wie alt wir sind.
Befreien wir uns so schnell wie möglich von diesen Steinen und bauen wir etwas Schönes aus diesen Erfahrungen, die in Stein gemeißelt sind.
Vielleicht auch auf den Spuren des “lebendigen Steins”, um Häuser des Friedens zu bauen in unserer Heimat Europa und in der Welt, als Eckstein im Haus des Allwissenden…
In diesem Sinne wünschen wir Ihnen viel Freude bei der Lektüre des Buches „Die Ritter Konstantins – Die Geschichte des Konstantinischen Ritterordens vom Heiligen Georg“.
Birol Kilic
Herausgeber und Verleger
Wien, Oktober 2024